Strategie in Reinform
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Kim Notz
22. October 2024
Womöglich ist Strategie einer der am häufigsten missbrauchten Begriffe im Kontext von Agenturen und Unternehmen. Das lässt sich schon an der Inflation von Komposita wie KI-Strategie oder TikTok-Strategie erkennen. Wer auf jede neue Technologie, jede Plattform oder jedes Tool mit einer neuen, nur darauf gerichteten „Strategie“ reagiert, macht wahrscheinlich alles andere – nur kein strategisches Denken und Handeln.
Strategie in Reinform bedeutet Loslassen, Weglassen und einen schmerzhaften Weg zum Wesentlichen. Das ist das Gegenteil von Bullshit und Strategie-FOMO. Es bedeutet Klarheit über den Ist-Zustand, das Ziel und den Weg von A nach B – statt heißer Luft und Tagträumen, die dann entsprechend schnell zerplatzen und an die keiner mehr so richtig glaubt. Strategien haben eine merkwürdig kurze Halbwertszeit bekommen, fast so kurzlebig wie viele Trends.
Vielleicht hat dies mit dem Zuwachs an Oberflächlichkeit in unserer Gesellschaft und auch im eigenen Medienkonsum zu tun. Eine Strategie, die diesen Namen verdient, ist aber kein weiterer Trend, den wir irgendwie bedienen müssten. Mit diesem fast schon puristischen Verständnis von Strategie hat Kristina Bonitz, meine Gesprächspartnerin in Folge #123, ihre Strategieberatung Serotonin gegründet. Zuvor war sie CEO von diffferent und Strategiegeschäftsführerin von SinnerSchrader (inzwischen in Accenture Song aufgegangen).
Die multiplen und permanenten Krisen und Katastrophen, mit denen wir heute konfrontiert sind, zwingen uns zu Fragen nach dem Sinn und dem guten Leben. Wir müssen sehr viel loslassen lernen. Dadurch stellt sich schnell die Anschlussfrage nach dem Wesentlichen und dem Eigentlichen. Strategie war für Kristina schon am Anfang ihres Berufslebens der Weg, um zum Wesentlichen und zum Eigentlichen zu kommen, mit jeglicher Konsequenz und jedem Preis, die das dann häufig auch bedeutet.
Daher stört es sie, wenn Strategie in einer unguten Abhängigkeit zur Umsetzung steht. Die Umsetzung muss mitgedacht werden, aber die Strategie darf nicht von der Umsetzung abhängig sein. Sie sollte eine unabhängige Diagnose leisten, wo es hakt, und nicht einfach nur eine Rechtfertigung liefern für das, was die Umsetzer gern anbieten wollen. Denn eine Digitalagentur wird immer eine digitale Lösung vorschlagen, eine Contentagentur immer eine Content-Lösung.
Klartext hilft immer
Manchmal braucht es auch gar keine Strategie. Wenn nämlich alles so bleiben soll, wie es ist, wäre Strategie rausgeschmissenes Geld und verpuffte Energie. Häufig tritt man dann auch noch den Leuten, die das operativ umsetzen, auf den Füßen herum. Denn die brauchen keine aufgeblähten Worte, um ihren Tagesjob zu machen. Dann lieber das Geld sparen und auf die wirklichen Missionen umlenken, wo es dann um Risiko, Unsicherheit und kritische Businessentscheidungen geht, denn das ist eigentlich der Home-Turf von Strategie.
Und da hilft es immer, Klartext zu reden, mit den einfachsten Vokabeln aller Zeiten. Oft sollen nämlich große Worte und schlau klingende Formulierungen nur die fehlende Daseinsberechtigung kaschieren. In diesem Sinne plädiert Paula Bloodworth, die lange bei Wieden + Kennedy gearbeitet hat, für die Kraft der Stupidity, der gesunden und bewussten Naivität. Strategie darf und soll Fragen stellen, die sich die Menschen innerhalb der jeweiligen Branchen-Bubble schon nicht mehr stellen, um vermeintliche Selbstverständlichkeiten aufzubrechen.
Jede erfolgreiche Strategie braucht mindestens eine überzeugte Person, die das dann auch durchboxt. Es gibt nämlich nicht die eine, objektiv richtige Strategie. Dann wäre es einfach. Nur wer persönlich davon überzeugt und selbst investiert ist, hat auch die nötige Kraft und das Durchhaltevermögen. Deshalb verliert sich Strategie auch viel zu häufig in rationalen Argumenten. Wer hat schon einmal angefangen, etwas anderes zu glauben, nur weil ein rationales Argument dafür gesprochen hat?
Strategie muss Menschen bewegen
Eine Strategie braucht selbstverständlich Daten, Substanz und ein Fundament. Aber wenn sie emotional niemanden erreicht und berührt, niemanden im wahrsten Sinne des Wortes bewegt, wie soll sie dann realisiert werden? In erster Linie geht es darum, die Menschen im Unternehmen zu bewegen, diesen Weg zu gehen. Deshalb ist die Frage, wie man eine Strategie so gut erzählt bekommt, dass alle Beteiligten sie sich vorstellen und glauben können. Dafür braucht es Bezugspunkte zu Unternehmensvisionen, die auch auf einer persönlichen Ebene resonieren müssen.
ie Grundsätze und Prinzipien eines guten Lebens sind die gleichen wie für gutes Business und gutes Wirtschaften. Dazu gehört, sich zu kennen, die eigenen Stärken und Schwächen zu sehen und das Vorstellungsvermögen für etwas anderes, neues zu besitzen, was sein könnte. Dafür braucht es dann die Energie und die Konsequenz, das durchzuziehen. Das lässt sich auf strategische Arbeit und auch anderes Wirtschaften übertragen.
Ein klarer Fokus kann eine radikale Befreiung sein. Aber der Weg dorthin ist schmerzhaft, weil er all die Dinge aufzeigt, die wir nicht mehr machen können und die wir auch nicht mehr machen sollten. Daran hängen Egos, Emotionen, Verlustängste und Nostalgie. Aber wenn wir uns nicht so häuten, werden wir verwechselbar. Genau das ist ja passiert, sowohl auf Agenturebene als auch auf Unternehmensebene. Wir schauen, was die anderen tun, nach Best Practices und was wir daraus lernen können. Es ist immer gut, auch von den Learnings von anderen zu lernen – aber relativ wenig, weil die Ausgangslage doch eine vollständig andere ist.
Agenturen in der Commodity-Falle
Agenturen sind heute nicht radikal genug und zu wenig strategisch. Es gab eine Zeit, aber vielleicht ist das auch nur ein Mythos, zu der Agenturen die Rebellen anzogen. Die Überzeugungstäter, die Wände durchbrochen und Widerstände ausgehalten haben, die sich nicht an Regeln und Prozesse gehalten haben. Davon ist wenig geblieben. Agenturen sind zu kleinen Corporates geworden, die sich in Pitches mit ihren Prozessen und Methoden präsentieren. Wir sind unseren Kunden zu ähnlich geworden. Das beginnt schon bei Äußerlichkeiten wie den allgegenwärtigen Open Workspaces. Auch die Agenturkunden sind heute agilisiert und entwickeln in Squads digitale Produkte.
Um da noch Avantgarde zu sein, müssen wir uns ganz schön anstrengen. Haben wir das Thema Nähe missinterpretiert und sind dadurch in die Commodity-Falle getappt? Die Daseinsberechtigung von Agenturen liegt darin, ein starkes Verständnis von Kulturen, von Zeitgeist, von gesellschaftlichen Veränderungen zu haben. Also Dinge zu sehen, die resonieren und sie für Marken zu übersetzen, oder umgekehrt Marken in diese Kulturen und in diese gesellschaftlichen Strömungen und den Zeitgeist zu übersetzen. Stattdessen betreiben wir Stakeholdermanagement, managen Prozesse und füllen Exceltabellen aus.
Unsere Agenturbranche lässt Menschen vermissen, die unsere Geschäftsmodelle und Arbeitsprozesse hinterfragen, die in ganz andere Richtungen denken. Es scheint, als ob Kontrolle unsere Antwort auf die hochgradige Komplexität ist. Das widerspricht zutiefst unserem Geschäftsmodell und dem Kern des Angebots. Die so häufig geforderte mutige Kreation gibt es nicht. Es gibt allerdings mutige Strategien, und es gibt richtige Kreation, die dann zu diesen mutigen Strategien passt. Wir versuchen zu oft, mit den falschen Argumenten zu überzeugen, die nicht zu unseren Stärken passen.
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