Zwischen inhabergeführten Agenturen und Werbeholdings haben sich in den letzten Jahren neue Mitspieler geschoben. Neben IT-Beratungen sind auch Finanzinvestoren auf den Plan getreten. Ging es den Beratern vor allem darum, ihr Leistungsangebot zu erweitern und abzurunden, so sehen Venture Capitalists und andere Geldgeber hier zuerst einen Wachstumsmarkt. Die Branche der Digitalagenturen wächst schnell und ist zugleich stark fragmentiert.

Aus Investorensicht bietet dieser Markt die Chance zur Konsolidierung: Agenturen mit unterschiedlichen Kompetenzen unter einem Dach zu vereinen, ihnen Kapital für Wachstum bereitzustellen und das ganze Konstrukt nach einigen Jahren mit Gewinn weiterzureichen. Aus Inhabersicht gibt Finanzkapital die Aussicht auf schnelleres Wachstum, einen größeren Kontext für das eigene Unternehmen oder auch den Ausstieg, zum Beispiel beim Generationswechsel.

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Das spröde Wort Konsolidierung bedeutet vor allem den Verkauf und die Übernahme von meist zuvor inhabergeführen Agenturen. Die früheren Eigentümer werden, so sie denn an Bord bleiben, zu angestellten Managern. Agenturmarken verschwinden oder werden Teil einer Gruppe. Der Blick auf die Zahlen und die Kultur verändert sich. Es kommt zur Zusammenarbeit mit Schwesteragenturen innerhalb der Gruppe, auf bestehenden wie neuen Kunden.

An all diesen Punkten liegen Sollbruchstellen, die in vielen Fällen früher oder später zum Abgang der ehemaligen Inhaber führen. Auch Führungskräfte und andere Leistungsträger verlassen die Agentur. Für die Erwerber ist diese Erosion meist unerfreulich, stellen doch die Köpfe in unserem Geschäft einen nicht unerheblichen Teil des erworbenen Unternehmenswertes dar. Es bedarf offenbar anderer Strukturen, um unternehmerisch denkende Menschen an Bord zu halten.

Hier kommt ein Modell ins Spiel, das die MYTY Group seit knapp fünf Jahren aufbaut. Mit David Rost, dem Gründer und CEO, habe ich in Folge #120 gesprochen. MYTY versammelt verschiedene Agenturen unter dem Dach der Holding. Die Agenturmarken bleiben erhalten, die Gründer und Inhaber erhalten im Austausch für ihre Anteile eine Beteiligung an der gesamten Gruppe. Ufenau Capital Partners stellt als Investor das nötige Kapital bereit.

Eine Frage des Zeitgeistes

 

David selbst hat seine eigene Agentur Intergr8 als Nukleus in die Gruppe eingebracht. Zu der gehören inzwischen 14 Agenturen sowie 22 Büros in Deutschland, der Schweiz und Kroatien mit rund 800 Köpfen. Die Kernidee ist, Spezialistentum innerhalb einer Gruppe zu kultivieren. Ab einer bestimmten Größe fällt es der einzelnen Agentur sonst schwer, operative Exzellenz in allen Bereichen zu skalieren. Für David ist das Spezialistentum – aus seiner Sicht gefragter denn je – auch eine Frage des Zeitgeistes.

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Und auch wenn die Agenturmarken erhalten bleiben, so bekommen doch einzelne Teams eine neue Heimat bei den jeweiligen Spezialisten. Integr8 war 2020 noch eher ein One-Stop-Shop für digitale Strategieberatung, Kreation, Tech und Marketing. Inzwischen sind einige Bereiche in andere Agenturen der MYTY Group abgewandert.

Zu deren Kernüberzeugungen gehört es, das Unternehmertum im Netzwerk zu erhalten. Aus Gründern und den treibenden Kräften in den Agenturen sollen keine Konzernmanager werden, weil das erfahrungsgemäß nicht lange gutgeht. Ebenso wenig glauben sie an Generalisten, sondern vielmehr an Tiefgang in den jeweiligen Kerndisziplinen. Das setzt auch ein großes Maß an kultureller Individualität und Freiheit voraus. Es gibt klar positionierte Kompetenzzentren und glaubwürdige Marken mit Daseinsberechtigung, die Kunden wie Mitarbeiter verstehen.

Und schließlich entsteht durch die Rückbeteiligung an der Gruppe so etwas wie Ownership und ein Ökosystem, in dem alle an der gemeinsamen Sache partizipieren. Das reduziert Interessenkonflikte. So gibt es ein geteiltes Interesse daran, dass die Gruppe als solche floriert. Die früheren Inhaber sind plötzlich an allen Agenturen gleichermaßen beteiligt. Das räumt Friktion aus dem Weg, bevor sie überhaupt entsteht.

Die Suche nach der Perspektive

 

Die Gruppe stellt eine Plattform oder auch ein Dach für die einzelnen Agenturen bereit. Spezialistentum geht im Umkehrschluss mit der Notwendigkeit zur Zusammenarbeit einher, denn Kunden benötigen häufig mehr, als einzelne spezialisierte Agenturen liefern können. Eine gemeinsame P&L erleichtert die Kooperation, doch darüber hinaus überlässt die MYTY Group den einzelnen Agenturen die unternehmerische Entscheidung, ob, wann und wie sie kollaborieren.

Vor der Gründung der MYTY Group hat David für Integr8 verschiedene Optionen durchgespielt, wie sich das Wachstum und die Weiterentwicklung beschleunigen ließen. In einem Markt, der sich konsolidiert, kann eine Agentur entweder auf der Käufer- oder der Verkäuferseite stehen. Wer kaufen will, braucht Kapital. Wer verkaufen will, braucht eine attraktive Perspektive. Damit es zur Transaktion kommt, muss beides passen.

Nach vielen Gesprächen mit Akteuren im Markt, darunter auch Strategie- und IT-Beratungen, fehlte es David an einem vielversprechenden Anschlussmodell mit Perspektive. Daraus entstand der Gedanke, ein eigenes Gruppenmodell zu konstruieren, in dem die Beteiligten tatsächlich am selben Strang ziehen. So ging er auf die Suche nach Finanzinvestoren mit dem nötigen Kapital.

Nachdem das gefunden und die Gruppe gegründet war, kam die Covid-Pandemie und damit die Möglichkeit, Managementmeetings mit interessanten Agenturen remote durchzuführen. Was sehr viel schneller und effizienter geht, auch wenn es den persönlichen Kontakt nicht ersetzen kann. Dadurch konnte er sehr viele Agenturen kennenlernen und einen guten Überblick über die Branchenlandschaft gewinnen.

Die Vorteile beider Welten

 

Letztlich geht es darum, die Vorteile beider Welten geschickt miteinander zu kombinieren: die Schnelligkeit, Beweglichkeit und thematische Spezialisierung inhabergeführter Agenturschnellboote und einer überschaubaren Anzahl von Köpfen mit den Größenvorteilen einer Agenturgruppe. Das geht mit Shared Services los, zum Beispiel in Bereichen wie Finanzen und Personal, setzt sich mit Tech-Investitionen fort und endet beim Neukundengeschäft und der Zusammenarbeit auf größeren Kunden.

In einem wachsenden Markt können inhabergeführte Agenturen auch organisch wachsen und über längere Zeit bestehen. Hier ist viel Raum für fokussierte Agenturen in ihren jeweiligen Spezialgebieten. Vor die Frage der Konsolidierung gestellt, kann die eigene Rolle aktiv oder passiv sein – übernehmen oder übernommen werden. Endet die Reise mit einer Übernahme, stellt sich spätestens dann die Frage nach der Perspektive.

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Die Aussichten in den großen Agenturnetzwerken und den Beratungskonzernen sind für Unternehmer häufig doch nicht so verlockend. Zwei Stichworte seien hier nur genannt: Politik und Bürokratie. Zu oft geht es statt um die Sache, die Kunden und die Ergebnisse eher um interne Machtspiele und lähmende Prozesse. Das wiegt die Größenvorteile, das Gewicht im Markt, die Bandbreite der Fähigkeiten und Kompetenzen oder die größere Einkaufsmacht auf der Beschaffungsseite schnell wieder auf.

Hinzu kommt der kulturelle Aspekt: Wenn Spezialisten ihre jeweils eigenen Biotope brauchen und Agenturkunden lieber mit Spezialisten statt mit Generalisten arbeiten, dann hat eine Agenturgruppe wie MYTY klare Vorteile. In klassischen Konzernstrukturen ist es sehr viel schwieriger, solche Biotope zu hegen und zu pflegen. Und für die Agenturgründer bietet sich die Chance, die Reise fortzusetzen – statt auszusteigen und womöglich mit einer Neugründung von vorn zu beginnen.

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Kontakt

Noah Charaoui

Recruiter
talents@knsk.de